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Körperverletzung und Schlägerei

Autor: Rechtsanwältin Dr. Maria Miluscheva, Fachanwältin für Strafrecht

Bundesweit werden jährlich Tausende Strafverfahren wegen Körperverletzungsdelikte eingeleitet. Zu körperlichen Ausschreitungen kommt es sowohl im öffentlichen als auch im privaten Bereich, wobei die Gründe unterschiedlicher Natur sein können. Die strafrechtlichen Folgen können je nach Art der Begehung und Ausmaß der Verletzungsfolgen von einer Geldstrafe bis jahrelangen Freiheitsstrafen reichen. Der folgende Beitrag verschafft ohne Anspruch auf Vollständigkeit einen Überblick über die einzelnen Körperverletzungsdelikte und die Beteiligung an einer Schlägerei.

Vorsätzliche Körperverletzung

Das deutsche Grundgesetz enthält den Schutzauftrag des Staates, den Einzelnen vor rechtswidrigen Eingriffen in seine körperliche Unversehrtheit zu schützen. Wer eine andere Person körperlich misshandelt oder an der Gesundheit schädigt, kann strafrechtlich verfolgt und bestraft werden. Eine körperliche Misshandlung ist jede Beeinträchtigung des körperlichen Wohlbefindens oder der körperlichen Integrität, die nicht bloß unerheblich ist. In der Rechtsprechung wurde z. B. die Erheblichkeit im Fall einer Ohrfeige bejaht, auch wenn weder Spuren der Gewalteinwirkung vorhanden sind, noch eine Feststellung über Heftigkeit oder Schmerzempfinden des Opfers getroffen werden kann. Gesundheitsschädigung ist das Hervorrufen oder Steigern eines krankhaften Zustandes, der über lediglich unerhebliche Beeinträchtigungen hinausgeht. Es reicht aus, wenn der Betroffene infolge des Eingriffs unter Kopfschmerzen, Müdigkeit und Konzentrationsstörungen leidet. Wird jemand z. B. über einen längeren Zeitraum hinweg durch Lärm belästigt, kann eine Gesundheitsschädigung vorliegen, wenn hieraus pathologische Zustände wie Schlafstörungen, Herz- und Magenbeschwerden oder die Verschlimmerung von Neurosen hervorgehen.

Das »körperliche Wohl« kann sowohl in biologisch-physiologischer Hinsicht als auch in geistig-seelischer Hinsicht beeinträchtigt sein. Auf die körperliche Integrität können körperliche wie auch psychische Prozesse negativ einwirken. Bei Letzteren kann eine strafbare Körperverletzung bejaht werden, wenn der Körper durch den Eingriff in einen pathologischen, somatisch objektivierbaren Zustand versetzt wird. Als Beispiele aus der Rechtsprechung seien das Auftreten depressiver Zustände mit Schlaf- und Konzentrationsstörungen oder von Magenschmerzen beim lang anhaltenden Stalking genannt.

Körperliche Einwirkungen können verschiedenartig motiviert bzw. provoziert werden. In jedem Einzellfall muss geprüft werden, ob der körperliche Eingriff erforderlich war, um einen gegenwärtigen rechtswidrigen Angriff von sich oder einem anderen abzuwenden. Bejahendenfalls kann die Handlung durch Notwehr gerechtfertigt sein, woraufhin der Täter von strafrechtlicher Verfolgung frei gestellt werden kann.

Das Gesetz sieht für die Straftat der vorsätzlichen Körperverletzung eine Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder eine Geldstrafe vor. Der Strafrahmen wird durch Abwägung der Einzelfallumstände konkretisiert. Die Aufgabe des Strafverteidigers äußert sich in diesem Zusammenhang darin, alle Faktoren herauszuarbeiten, die sich positiv auf die Einzelstrafe auswirken und dadurch auf die Verringerung des Strafmaßes hinwirken.

Die vorsätzliche Körperverletzung nach § 223 wird nur auf Antrag verfolgt, es sei denn, dass die Staatsanwaltschaft wegen des besonderen öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung ein Einschreiten von Amts wegen für geboten hält. Der Geschädigte einer vorsätzlichen Körperverletzung hat das Recht, sich der erhobenen öffentlichen Anklage mit der Nebenklage anzuschließen.

Gefährliche Körperverletzung

Gemäß § 224 StGB wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bestraft, wer die Körperverletzung

  • durch Beibringung von Gift oder anderen gesundheitsschädlichen Stoffen,
  • mittels einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs,
  • mittels eines hinterlistigen Überfalls,
  • mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich oder
  • mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung begeht. In minder schweren Fällen beträgt die Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren.


Der im Vergleich zu der vorsätzlichen Körperverletzung erhöhte Strafrahmen ist damit begründet, dass die Art und Weise der Körperverletzungshandlungen die Gefahr erheblicher Verletzungen erhöht und die Aussichten des Opfers verringert, sich erfolgreich zu wehren. Es kommt nicht auf den Verletzungserfolg an, sondern vielmehr darauf, dass ein die Wirkungsmacht des Angriffs erhöhender Faktor zum Zwecke der Körperverletzung bewusst eingesetzt wurde. Bei einer gemeinschaftlichen Körperverletzung z. B. sieht sich das Opfer mindestens zwei zusammenwirkenden Angreifern gegenüber, weshalb es möglicherweise eingeschüchtert oder in seiner Verteidigung gehemmt sein kann. Die Regelungskonzeption umfasst neben dem Schutz der körperlichen Integrität auch den Lebensschutz. Eine Behandlung, die nach den konkreten Umständen objektiv geeignet ist, das Leben des Opfers abstrakt in Gefahr zu bringen, wird ebenfalls als gefährliche Körperverletzung verfolgt.

Schwere Körperverletzung

Eine körperliche Einwirkung, die Dauerfolgen wie der Verlust des Sehvermögens, des Gehörs, des Sprechvermögens oder der Fortpflanzungsfähigkeit hat, wird nach § 226 StGB als schwere Körperverletzung qualifiziert. Gemäß § 226 StGB macht sich strafbar, wer eine andere Person verletzt und die durch die Gewalthandlung ein wichtiges Glied des Körpers verliert oder dauernd nicht mehr gebrauchen kann. Hat die Körperverletzung zur Folge, dass die verletzte Person in erheblicher Weise dauernd entstellt wird oder in Siechtum, Lähmung oder geistige Krankheit oder Behinderung verfällt, so ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren. Für den Fall, dass eine der vorgenannten Folgen absichtlich oder wissentlich verursacht wird, droht das Gesetz eine Freiheitsstrafe von nicht unter drei Jahren an. Wenn dem Täter die absichtliche Herbeiführung der Verletzung nachgewiesen werden kann, wird nicht mehr möglich sein, die Vollstreckung der verhängten Freiheitsstrafe auf Bewährung auszusetzen. Besonders wichtig ist in solchen Konstellationen die Prüfung eines minder schweren Falles, der unter Umständen mit einer Bewährungsstrafe geahndet werden kann.

Körperverletzung mit Todesfolge

Körperliche Auseinandersetzungen können fatale Folgen haben. Verursacht der Täter durch die vollendete Körperverletzung den Tod der verletzten Person, kommt eine Strafbarkeit gemäß § 227 StGB in Betracht. Der Tatbestand ist an die Voraussetzung geknüpft, dass dem Täter Fahrlässigkeit hinsichtlich des Todeseintritts zur Last fällt. Das Gesetz sieht eine Freiheitsstrafe von drei bis 15 Jahren vor. Derjenige, der sich wissend „auf verbotenes Terrain begibt“ und vorsätzlich eine andere Person körperlich verletzt, wird schärfer bestraft, als jemand, der die Tötung eines anderen fahrlässig herbeiführt (vgl. § 222 StGB). In der Praxis hat § 227 StGB die Bedeutung eines Auffangtatbestandes für den Fall gewonnen, dass dem Täter der Tötungsvorsatz – jedenfalls zum Zeitpunkt der zum Tode führenden Handlung– nicht nachgewiesen werden kann.

Fahrlässige Körperverletzung

Der Tatbestand der fahrlässigen Körperverletzung hat vor allem praktische Bedeutung im Bereich des Straßenverkehrs sowie im medizinischen Kontext. Als Fahrlässigkeit wird die Außerachtlassung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt definiert. Die Bausteine der Fahrlässigkeitsprüfung sind daher die Verletzung einer objektiven Sorgfaltspflicht und deren Erkennbarkeit. Ein fahrlässig Handelnder will nicht bewusst gegen die Rechtsordnung verstoßen. Bei Anspannung aller seiner seelischen Kräfte hätte er aber erkennen können, dass sein Handeln für ein geschütztes Rechtsgut hätte gefährlich werden können.

Die fahrlässige Körperverletzung (§ 229 StGB) ist wie die einfache vorsätzliche Körperverletzung ein Antragsdelikt (§ 230 StGB). Das heißt, dass die Strafverfolgungsbehörden erst mit Stellung eines Strafantrags einschreiten, sofern nicht das besondere öffentliche Interesse durch die Staatsanwaltschaft bejaht wird. Andernfalls wird das Opfer auf den Privatklageweg verwiesen.

Beteiligung an einer Schlägerei

Das Gesetz sieht für die Beteiligung an einer Schlägerei eine Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder eine Geldstrafe vor. Eine Schlägerei ist ein in gegenseitigen Tätlichkeiten ausartender Streit, an dem mindestens drei Personen aktiv mitwirken. Aufeinanderfolgende tätliche Auseinandersetzungen zwischen jeweils zwei Personen genügen, sofern zwischen den Auseinandersetzungen ein innerer Zusammenhang besteht und es sich um ein einheitliches Gesamtgeschehen handelt. Es ist nicht erforderlich, dass die beteiligten Personen zur selben Zeit körperlich aktiv werden.

Entfernen sich Mitwirkende einer Schlägerei und verbleiben nur zwei Kontrahenten, die die Auseinandersetzung fortsetzen, verliert diese den Charakter einer Schlägerei i. S. des § 231 StGB. Der Unterschied zum Angriff durch mehrere Beteiligte, der insbes. im Rahmen der Beteiligungsformen der §§ 25 ff. StGB relevant werden kann, besteht vor allem darin, dass bei der Schlägerei von beiden Seiten Tätlichkeiten begangen werden, während der Angriff eine einseitige Einwirkung auf andere ist. Nicht ausreichend zur Bejahung des Merkmals der Schlägerei ist es also, wenn ein Dritter zwei Kontrahenten lediglich anfeuert oder weitere Personen davon abhält, an deren Streit mitzuwirken oder beschwichtigend einzugreifen.

Wenn eine Person an der Schlägerei oder an einem tätlichen Angriff beteiligt war, ohne dass ihr dies vorzuwerfen ist, soll diese gemäß § 231 StGB nicht bestraft werden.

Körperverletzung im Amt

Ein Amtsträger, der während der Ausübung seines Dienstes oder in Beziehung auf seinen Dienst eine Körperverletzung begeht oder begehen lässt, wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft. In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe.